Die jährliche Stifterversammlung der Stiftung Kirchenmusik im Sauerland fand in diesem Jahr in der Evangelischen Kreuzkirche auf dem Mühlenberg in Hüsten statt. Es ist inzwischen Tradition, dass sich die Stiftung bei ihren Stiftern mit Musik bedankt. Die instrumentalen und vokalen Dankesgaben dieses Abends waren allesamt von Johann Sebastian Bach und wurden vom Südwestfälischen Kammerchor und von Gerd Weimar sowie Anna Knapstein an der Orgel überreicht.
Kreiskantor und Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar eröffnete den Abend an der Orgel der Kreuzkirche mit einer mitreißenden Interpretation von Bachs Fantasie und Fuge in g-Moll (BWV 542).
Besonders hervorgehoben sei hier die Fuge: durch seine saubere und konsequente Artikulation entflocht Gerd Weimar das Stimmengewirr der Themen und ihrer diversen Veränderungen und gab den Zuhörern so die Möglichkeit, allen Stimmen folgen zu können und somit auch die kunstvolle Architektur des Werkes nachzuvollziehen. Großartig!
Nach einer kurzen Begrüßung der zahlreich erschienen Besucher durch Frau Charlotte Merz im Namen des Stiftungsvorstandes sang der Südwestfälische Kammerchor unter der Leitung von Gerd Weimar die Motette „Lobet den Herrn, alle Heiden“ (BWV 230). Hier sei zusammenfassend schon vorweg genommen, dass der Chor sich wieder einmal als bestens vorbereitetes Ensemble präsentierte. Klangliche Ausgewogenheit und Flexibilität der Stimmgruppen, saubere Intonation, hervorragende Textverständlichkeit und die absolut sichere Beherrschung der Stimmen sind sein Markenzeichen. Mit freudestrahlenden Gesichtern überbrachten sie Text und Partitur des 117. Psalms den Zuhörern. Die schwierigen Koloraturen wurden in allen Stimmen mit perfekter Genauigkeit gezeichnet, ohne jedoch die gesamtklangliche Homogenität darunter leiden zu lassen. Schön und gekonnt auch die Wärme, die die fast homophone Passage des „Denn seine Gnade und Wahrheit“ verströmte. Mit dem beschwingten, fröhlichen „Halleluja!“ am Ende der Motette unterstrich der Chor eindrucksvoll die Aufforderung des Psalmtextes „Gelobt sei Gott!“.
Dann hatte die 17jährige Anna Knapstein, letztjährige Stipendiatin der Stiftung Kirchenmusik und der Sparkasse Arnsberg-Sundern, Gelegenheit zu zeigen, was sie im letzten Jahr bei ihrem Orgellehrer Gerd Weimar gelernt hatte. Ihr gelang eine schöne und sichere Interpretation des Präludiums und der Fuge in G-Dur (BWV 557). Im Anschluss an ihren Orgelvortrag wurde Anna vom Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Hartmut Köllner, eine Urkunde überreicht. Anna Knapstein, eine begabte junge Organistin, deren Namen man sich ruhig schon einmal merken sollte.
Anschließend bedankte sich Hartmut Köllner bei den Stiftern für ihre Unterstützung und berichtete über das vergangene Stiftungsjahr. Besonders hob er die Konzerte, die mit Mitteln der Stiftung unterstützt werden konnten, hervor, und wies auf die Veranstaltungen des laufenden Jahres hin. Die „grenzüberschreitenden“ Aktivitäten des Südwestfälischen Kammerchores, eine Öffnung nach außen, über die Grenzen des Kirchenkreises hinweg, geschehe ganz bewusst und sei eine Art musikalische Botschaftertätigkeit des Kirchenkreises Arnsberg. Das Kapital der Stiftung konnte in den acht Jahren ihres Bestehens verfünffacht werden. Damit sei die Stiftung nicht reich, stehe aber auf solidem Grund.
Im folgenden „Sei Lob und Preis mit Ehren“ (BWV 231) – einer Choralbearbeitung aus der Kantate „Gottlob! nun geht das Jahr zu Ende“, die hier als motettisches Einzelwerk gesungen wurde – konnten die Soprane über den lebendig fließenden, kanonartig geführten Begleitstimmen ihre ganze Klangschönheit in der Choralmelodie entfalten.
Höhepunkt des Abends war die Motette „Jesu, meine Freude“ (BWV 227), die Bach im Jahr 1723 wohl für einen Gedächtnisgottesdienst komponiert hatte. Bach, auch als der fünfte Evangelist bezeichnet, verknüpfte in seiner Komposition die Strophen des Johann-Franck-Liedes mit Textpassagen aus dem 8. Kapitel des Römerbriefes so, dass sie sich gegenseitig ergänzen und deuten. Bewundernswert sicher und souverän sangen die Sängerinnen und Sänger des Südwestfälischen Kammerchores unter dem präzisen und nuancenreichen Dirigat Gerd Weimars diese an heiklen Passagen so reiche Motette. Ihnen gelang eine stilsichere Interpretation, die die beispiellose Text-Musik-Durchdringung der Partitur Bachs erlebbar werden ließ. Makellos und sauber erklangen die zentrale Fuge „Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich“ und die schwierigen Terzette; und schlank, nicht wuchtig, wurden die fünfstimmigen Sätze gesungen. Wie schön, dass auch die Choralstrophen Choralgesang blieben und wie wohltuend, dass der Begleitsatz als solcher z.B. im „Weg mit allen Schätzen“ den Strophentext interpretieren durfte, ohne dynamisch und artikulatorisch überzeichnet zu werden. Eine hervorragende und bewegende Aufführung dieser großen Motette, die mehr Lust auf Bach-Motetten vom Südwestfälischen Kammerchores und seinem Leiter macht!
Hilfreich waren die kurzen Einführungen, die unmittelbar vor den Vokalstücken von zwei Choristen gegeben wurden. Das wünschte man sich öfter bei Chorkonzerten – beispielhaft! Kostbare Geschenke in einem beeindruckenden Konzert, das noch lange in den Zuhörern nachklingen konnte. Am Ende langanhaltender Applaus als herzliches Dankeschön an alle Ausführenden.
Text und Bild von Martin Stegmann