Festliches Konzert in der Abtei Königsmünster: Zum 50-jährigen Bestehen des Kirchenkreises Arnsberg und der Friedenskirche der Abtei fand am Sonntag ein Konzert statt, das die Gemeinschaft der Konfessionen und die gegenseitige Gastfreundschaft besonders betonen sollte. Abt Aloysius und Superintendent Hammer machten in ihrer gemeinsamen Rede und der abschließenden Umarmung deutlich, dass Begegnung und Freundschaft Stationen sind auf dem Weg durch die Zeit zur vollendeten Gemeinschaft in Christus.
Die Auswahl des Programms trug dieser Intention Rechnung und machte den Veranstaltern die Verknüpfung mit ihrer Zielrichtung leicht. Mit Franz Schuberts „Unvollendeter“, den fünf Rückert-Liedern von Gustav Mahler und der d-Moll-Messe von Anton Bruckner kamen drei kompositorische Glanzlichter der Musikliteratur zu Aufführung, die in ihren Sinnbezügen weit über den Klang von Tönen hinausgehen.
Das Philharmonische Orchester Hagen bewies zu Beginn mit dem heute als 7. Sinfonie gezählten Werk großes Einfühlungsvermögen. Die einzelnen Gruppen des Klangkörpers spielten sehr homogen im Ensemble und differenziert in den Solopassagen, sodass den Zuhörern die Tiefe dieser wunderbaren Musik bewusst werden konnte. Die Leitung durch Gerd Weimar war unaufdringlich und sehr präzise, ganz in Dienst der Komposition stehend.
Mit der Interpretation der Rückert-Lieder und dem Auftreten von Karin Dahlberg gewann das Programm eine neue Perspektive. Die Texte des genialen Orientalisten Friedrich Rückert, die keinen Zyklus bilden, aber in der dargebotenen Reihenfolge schon eine Steigerung ausdrücken, brachten in der Formung der Strophen die west-östliche Synthese der Dichtung zur Sprache. Mahlers Vertonung in einem durchsichtigen, fast fragilen Orchestersatz in wechselnden Besetzungen wurde von der schwedischen Sopranistin Karin Dahlberg so ausdrucksstark im verinnerlichten Piano wie im selbstbewussten Forte gesungen, dass den Zuhörern der Atem stockte. Sicher in der musikalischen Linienführung und der Gestaltung der Spannung erweckte sie die Lieder zum Leben. Unvergessen wird vor allem das letzte Lied bleiben: „Ich bin der Welt abhanden gekommen“, ein Abgesang auf das „Weltgetümmel“ und die Wendung zur Liebe und zur Musik, die in dem intimen Orchesternachspiel einen wunderbar versöhnenden Ausklang fand.
Für die d-Moll-Messe von Anton Bruckner betrat nun der Chor das in der Apsis aufgebaute Podest – ein eindruckvolles Bild der etwa 80 Sängerinnen und Sänger des Projektchors, des Oratorienchors und des Südwestfälischen Kammerchors über dem Orchester! Bruckners 1. Messe folgt dem traditionellen Aufbau, ist aber besonders im Bezug auf die Harmonik, die Instrumentation und die Dynamik ein epochemachendes Werk. Gerd Weimar verzichtete hier auf die Gesangssolisten, die Solopassagen wurden im Sinne des Concerto-Ripieno-Prinzips von einem kleinen Chor dargestellt. Dadurch verlor die Interpretation vielleicht an konzertantem Profil, aber sie gewann an Homogenität und liturgischer Anbindung. Während die Sängerinnen und Sänger sich im „Kyrie“ zunächst warm singen mussten, manches klang ein wenig zaghaft, besonders bei den für den Satz typischen Dissonanzen, wurde der Gesamtklang vom „Gloria“ an präsenter, die Einsätze kamen präziser, besonders deutlich in der abschließenden „Amen“-Fuge. Wie schön und homogen der Chor klang, wurde besonders in der quasi a-cappella-Passage „et sepultus est“ aus dem „Credo“, im „Osanna“ und im „Miserere“ deutlich. Die Tutti-Stellen im Unisono kamen in der gesamten Messe immer gut zur Geltung, die mehrstimmigen wurden leider manchmal durch die zu scharf angeblasene 1. Trompete und die etwas ungestümen Posaunen überdeckt. Besonders eindrücklich gelang der Schluss des „Dona nobis pacem“ im Pianissimo von Chor und Orchester, der eine tiefe Stille der Zuhörerschaft bewirkte, bevor allen Beteiligten der verdiente Applaus zuteil wurde.
Für den Gesamtchor bedeutet diese Aufführung eine ganz außergewöhnliche Leistung, sind doch alle Beteiligten keine Berufssänger. Die lange Zeit der Vorbereitung hat sich gelohnt. Das Philharmonische Orchester Hagen war ein geeigneter Partner für dieses Konzert, zeigte es doch auch bei Mahler seine solistischen Qualitäten und bei Bruckner alle Schattierungen einer abgestuften Dynamik. KMD Gerd Weimar leitete Chor und Orchester sehr souverän. Er hatte seine Chöre so einstudiert, dass diese außergewöhnliche Leistung zustande kommen konnte. Auch für die Programmgestaltung gebührt ihm Dank und Anerkennung.
Text: Wilfried Pankauke